Sonntag, 1. November 2015

Ein aufregender Tag






Eine katastrophale Bergpiste. Ein totes Fohlen in der Geierschlucht. Ein ganz besonders korrupter Bulle. Ein Beinahe-Unfall beim Rückwärtsfahren in einem Verkehrskreisel. Eine kleine Wanderung…

Ich kann mir vorstellen, dass der ein oder andere zu dem ein oder anderen gern ein paar Erläuterungen hätte. Und in der Tat gibt dieser Tag einige Geschichten her. Ich möchte euch aber von dem auf den ersten Blick unscheinbarsten Punkt erzählen, der kleinen Wanderung…

Ich bin am Iskender Kul in Tadschikistan. Wahrscheinlich hast du noch nie von dem See gehört, vielleicht noch nicht mal von Tadschikistan, aber ich würde behaupten, dass es einer der schönsten Seen überhaupt ist. Hoch in den Bergen auf einer Höhe von 2140 Metern ist er von steilen Bergen umringt, die sich wunderbar im See spiegeln. Das aber absolut Besondere ist die Farbe des Sees. Ein grün-blau, das geradezu leuchtet…

Wie so oft in den Bergen verspüre ich auch jetzt wieder das Verlangen, einen dieser Berge zu besteigen. Vor allem bei der zu erwartenden Aussicht. Also rein in die Stiefel und los. Der Anstieg verläuft zunächst recht moderat und trotzdem schnauf ich gehörig. Alle paar Minuten dreh ich mich um und genieße die sich verändernden Aussichten. Nur wenig später erkenn ich in der Ferne eine erhöhte Steinformation, von der man den See in seiner ganzen Pracht sehen müsste. Ich kletter hinauf und tatsächlich – was für eine Aussicht! Traumhaft! Ich kann mich kaum satt sehen…

Irgendwann erregt ein kleiner Trampelpfad auf der Rückseite der Steinformation meine Aufmerksamkeit. Wo geht der denn hin? Besser kann die Aussicht sicher nicht werden. Ich bin neugierig und folge ihm. Bald wird mir klar, dass der Weg zur anderen Seite des Canyons führen muss. Die eine Seite hatte ich auf der Hinfahrt zum See schon kennengelernt. Nach einer weiteren halben Stunde steigt der immer kleiner werdende Trampelpfad noch mal steil an. Ich taper auch da hoch und steh plötzlich nur wenige Meter vor einer gewaltigen Abbruchkante…


Wie weit es da wohl runter geht? Ich muss näher ran und taste mich langsam ran. Alter Schwede, bis zum krachenden Fluss da unten sind es bestimmt 400 Meter. Nahezu vertikal. Ich schau mich um. Die Abbruchkante wirkt alles andere als stabil. Ich atme schwer und spür meinen Herzschlag bis zum Hals. War hier eigentlich auch noch das Erdbeben vom vergangenen Montag?

Ich kann es nicht genau erklären, aber wie durch einen inneren Zwang steig ich noch einige hundert Meter weiter an dieser Abbruchkante den Berg hoch. Ist es diese unglaubliche Aussicht? Ist es der Nervenkitzel? Ich weiß es nicht. Hoch konzentriert und mit weit aufgerissenen Augen setze ich sorgsam jeden einzelnen Schritt. Immer nur wenige Fußlängen von diesen unfassbaren Abgrund entfernt. Immer auf brüchigem Fels oder losem Geröll. Auf einmal rutscht mein Stiefel einige Zentimeter und mein Herz fast stehen. Meine Augen verfolgen diese kleinen, sich lösenden Steinchen, wie sie dem Abhang entgegen springen und lautlos in der Tiefe verschwinden. Ich atme schwer und mir zittern die Knie…

Ein falscher Schritt und es ist aus…

Eine sich lösende Kante und es ist aus…

Ein kleines Ungleichgewicht durch ein Verfangen im Dornenbusch und es ist aus…

Diese und ähnliche Gedanken lassen langsam die Vernunft Oberhand gewinnen. So wage ich irgendwann einen letzten Blick in die Tiefe des Canyons und bewege mich langsam Richtung Sicherheit. Nach vielleicht zwanzig Metern setze ich mich auf einen großen Stein, schaue zur Abbruchkante und denke nach…


Hier ein Blick auf die Abbruchkante von der gegenüberliegenden Seite:


3 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Ich kriege hier gleich nen Herzkasper! Aber sehr schöne Fotos!

Sonjalino hat gesagt…

Wenn du DAS mit Hilko machst gibt es Ärger... ;-) ich bekomme schon bei den Bildern richtig Herzklopfen...
Bin gespannt auf eure gemeinsame Zeit!!

Guido und Annette Mohr hat gesagt…

Lieber Michael,
traumhaft schöne Fotos. Da wird uns das Herz schon ein bissl schwer, dass ,,unser" Auto jetzt ohne uns unterwegs ist.....
Wir wünschen Dir weiterhin eine gute Reise und noch viel mehr solch wunderbare Motive!
Ganz liebe Grüße aus Solingen,
Guido und Annette Mohr